:::: interview cyberfeminismus #05: sharon adler

16 May
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telefoninterview am 29.03.2013  mit sharon adler, aviva-gründerin.

# wann und mit welcher idee haben sie damals aviva ins leben gerufen?

mit der konzeption habe ich bereits im sommer bzw. im herbst 1999 begonnen. ins netz ging aviva am 1. februar 2000. damals waren das statische html-seiten; programmiert haben die seiten die programmiererinnen susanne appelt und gerlinde behrendt. vor ein paar jahren haben wir eine datenbank angebunden, so dass das einstellen von inhalten einfacher und auch nutzer_innenfreundlicher wurde. heute gibt es ca. 30 frauen, die für die aviva schreiben.
warum ich aviva gegründet habe? ich wollte ein neues frauenformat im netz gründen. damals fand ich zum einen, dass frauen unzureichend im netz vertreten waren und ich wollte, dass besonders frauen das kommunikationsmedium internet nutzen und dort präsent sein sollten. zum anderen gab es auf dem print-markt keine titel, die genau das vereinigt haben, was ich wollte: ein informationsportal für frauen aller coleur. von beginn an habe ich das internet als mitmach-web verstanden und die user_innen eingebunden.

# … und als plattform für verschiedene kulturen?

in erster linie wollte ich auf eine nicht-künstliche weise jüdische aspekte in aviva integrieren, das war mir als jüdin wichtig. oft haben mich nichtjüdische freund_innen gefragt, was denn chanukkah mit weihnachten zu tun hat oder warum wir rosch ha schana (das jüdische neujahrsfest) mitten im jahr feiern. transparenz war und ist mir immer noch sehr wichtig, denn viele menschen haben die seltsamsten ideen und klischeebilder über das judentum. damals und heute habe ich unter anderem die jüdische allgemeine und emma gelesen. beides wollte ich zusammenbringen: feministische UND jüdische inhalte für frauen aller couleur. die vereinbarkeit von familie und beruf war bei uns zum beispiel von anfang an thema. heute sind die inhalte natürlich noch breiter gefächert. inhaltlich war und ist aviva in erster linie auf berlin ausgerichtet wenn es um veranstaltungshinweise geht, alle anderen inhalte sind überregional.

# mit welchen (kollektiven) akteuren haben sie sich damals vernetzt?

von anfang an haben wir gezielt die presse adressiert. in der zeit der gründung bin ich aktiv auf ein berliner stadtmagazin – das tip magazin – zugegangen. denn: ein ungeschriebenes gesetz ist es, dass presse eben presse nach sich zieht. wir wurden auf diese weise schnell in unterschiedlichen kontexten bekannt – beispielsweise wurde über uns auch in der springer-frauenpresse berichtet. das hieß dann in deren titeln: „das netz wird weiblich“. früher wurden wir immer mit der „emma“ verglichen. zudem gab es auch eine große radio-resonanz auf das aviva-portal. dadurch wurden die leser_innen auf uns aufmerksam. das ist bis heute so. gerade neulich gab es über uns in der ard einen15minütigen beitrag – jetzt, 13 jahre später. wir werden viel zitiert und auch zu bestimmten themen angefragt. daneben sind wir von anfang an kooperationen mit fraueninitiativen eingegangen und haben selber veranstaltungen mit feministischen inhalten gemacht, die sich so von frauennetzwerk zu frauennetzwerk trugen und tragen. mir war es immer wichtig, dass die menschen auch sehen, welche menschen hinter der aviva stehen.

# haben sie verbindung zu anderen feministischen akteuren im nicht-deutschsprachigen web?

ja, und das geht bei uns über eine reine verlinkung hinaus. kooperationen zu bilden, sie zu erhalten und über das netz hinaus zu tragen, ist ganz wichtig. vor kurzem ist etwa ein österreichisches medium an uns heran getreten und will unser format der „writing girls. jüdische frauengeschichte(n)“ gemeinsam mit uns weiterentwickeln. das ist nur ein beispiel von vielen.
wir publizieren hauptsächlich, bis auf einige ausnahmen, wie interviews, auf deutsch. aktuell zum beispiel ein interview mit der feministischen bloggerin laurie penny. dies schränkt unsere reichweite leider etwas ein. die beschränkung auf deutschsprachige inhalte hat finanzielle gründe: wir sind verlagsunabhängig, haben keinen verlag im hintergrund, aber wir wollen das auch gar nicht. es gibt zwar gewisse übersetzungstools, aber soweit sind wir noch nicht. in fünf jahren wird die aviva sicher anders aussehen. auch die möglichkeiten, was das interaktive betrifft, werden andere sein.

# welche rolle spielen bilder in ihrer online-kommunikation?

bildmaterial ist immer wichtig – wer will schon bleiwüsten lesen.

# wenn sie auf das deutschsprachige feministische web schauen, was hat sich seit beginn ihres magazines verändert und was ist gleich geblieben?

am sichtbarsten ist die veränderung der quantität. es gibt viel mehr feministische online-/offline-magazine im vergleich zu 2000. das finde ich sehr schön und ganz beachtlich. mit blick auf die qualität muss ich sagen, dass qualitätsurteile ja sehr individuell sind. trotzdem: feministische magazine sind nicht mit blogs gleichzusetzen. persönlich empfinde ich hier schon große qualitätsunterschiede.
ein zweiter unterschied ist auch, dass die leser_innen mittlerweile die wahl zwischen diversen blogs, magazinen bzw. medien im netz haben. das web ist nicht mehr so fokussiert auf bestimmte medien, und der klick auf eine bestimmte seite ist abhängig von einem bestimmten themen.
trotz dieser veränderungen und herausforderungen hat die aviva stammleser_innen. wir verschicken einen newsletter an ca. 3.000 abonnent_innen. darüber hinaus nutzen wir heute twitter und facebook. das gab es natürlich am anfang noch gar nicht.

# kann man von einer feministischen community im deutschsprachigen web sprechen? wenn ja, wann hat diese sich ihrer meinung nach herausgebildet? wenn nein, warum nicht?

ich bin der meinung, dass community sehr wichtig ist, aber leider sind communities oft sehr homogen und meist sind es ähnliche projekte, die sich untereinander vernetzen. beispielsweise bleiben weibliche weiße akademikerinnen häufig unter sich. ich würde mir wünschen, dass der austausch noch offener wird als es jetzt der fall ist. ich empfinde die communities manchmal schon als zu hermetisch abgeriegelt. es gibt doch nicht-akademische oder nicht-weiße feministische projekte bzw. seiten. mit diesen projekten müsste sich insgesamt die vernetzung verbessern.
daneben kommt auch immer darauf an, wie etwas kommuniziert wird. ich selbst will mit der sprache niemanden ausschließen, sondern unterschiedliche leser_innen ansprechen, die sich dann auch verstanden fühlen sollen. ganz konkret: wenn wir über beispielsweise über einen gesetzestext informieren, dann fragen wir eine anwältin, die den text gemeinsam mit uns journalistisch aufbereitet, damit es jede_r verstehen kann.

# vielen dank für das interview sharon adler!

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